Interview mit Daniel Villiger (Racing Oviedo) vom 02.05.2003


Hallo Daniel, Du bist Manager von Racing Oviedo in Spaniens 1. Liga. Derzeit steht Dein Team auf Platz 5. Wie ist für Dich die Hinrunde verlaufen?
Daniel: Mit dem 5. Platz haben wir natürlich nie und nimmer gerechnet, denn unser Primärziel war es erstmal, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Als Sekundärziel wollten wir dann natürlich eine Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb. Wir können also auf jeden Fall zufrieden sein, auch wenn wir 6 Punkte verschenkt haben. Gegen Numancia und Teneriffa darf man ganz einfach nicht verlieren, wenn man in den OSE will.

Racing Oviedo kann ohne weiteres mit einen Schnitt von 80 in der Liga spielen. In englischen Wochen wird es aber problematisch, da kann Oviedo in einem Spiel nur einen 65er-Schnitt aufbieten. Fehlt hier die internationale Klasse?
Daniel: Das ist ganz klar der Fall. Unser B-Team ist nicht wirklich konkurrenzfähig, aber das habe ich bewusst in Kauf genommen, weil wir sonst gar keine Chance hätten, einigermassen im oberen Mittelfeld mitzuhalten. Wir haben aber im Verlaufe des letzten Jahres fast alle alten Ersatzspieler durch junges Blut ersetzt, um mit der Zeit auch wirklich ein etwas schlagkräftigeres B-Team auf die Beine zu stellen.
Wir sind nun einfach darauf angewiesen, dass wir kein Verletzungspech haben, denn dann würde es wirklich kritisch werden.

Deine Mannschaft ist sehr heimstark. 7 Spiele siegreich bei nur 2 Niederlagen ergeben den 3. Platz in der Heimstatistik. Ist das die Basis des Erfolges?
Daniel: Nunja, ich sehe das Publikum durchaus als einen 12. Mann. Vor allem die jüngeren Spieler im Team können durch diese Superatmosphäre durchaus einmal 10-20% mehr Leistung bringen. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch mal wieder öffentlich bei den Fans bedanken! Ihr seid wirklich spitze, und wir hoffen, dass wir euch nächste Saison dafür Spiele gegen international renommierte Vereine bieten können.

Die Mannschaft von Racing kann man durchaus als "Multi-Kulti-Truppe" bezeichnen. In der Top-Elf steht kein echter Spanier. Ist Dir dieser Umstand gleichgültig oder hättest Du gerne einen oder mehr spanische Toplspieler im Kader?
Daniel: Natürlich hätte ich gerne den ein oder anderen Spanier in meinem A-Team, denn dadurch identifizieren sich die Fans meistens stärker mit dem Verein. Aber ich werde niemals einen Spieler kaufen, nur weil er Spanier ist. Ich schaue ganz stark auf die Einzelskills, die müssen stimmen und nichts anderes. In den nächsten paar Jahren hoffe ich aber, dass wir doch den ein oder anderen spanischen Jugendspieler gross rausbringen können. Suarez Garcia hat mit seinen 19 Jahren schon zwei Primärskills auf (fast) 75, er ist die grosse Hoffnung von uns, denn er ist momentan fast der einzige, der wirklich aus der Umgebung kommt. Mit Iturralde haben wir aber ein weiteres Jungtalent eingekauft, welches in einigen Jahren sicher zu Einsätzen in der ersten Elf kommen wird.

Die großen Geldtöpfe der europäischen Ligen sind für jeden Erstligisten interessant. Wie gut stehen die Chancen, sich diese Saison dafür zu qualifizieren?
Daniel: Die Chancen für eine Qualifikation sind nach dieser traumhaften Hinrunde natürlich mehr denn je da! Ich bin aber dennoch nicht so zuversichtlich wie viele andere, denn mit Bilbao, Elche, La Coruna und Valencia seh ich hinter mir vier ganz starke Teams, die mir einen Platz an der Sonne sicher nicht kampflos überlassen. Sollte alles einigermassen gut laufen, und wir das nötige Wettkampfglück haben, dann liegt Rang 8 sicherlich drin. Aber wie gesagt, die Saison ist noch lang und wir müssen weiterhin hart arbeiten.

Dein Stadion hat über 37.000 Sitzplätze, davon 12.000 überdacht. Planst Du daraus einen voll überdachten Hexenkessel zu machen? Wie lange müssen die Fans auf eine ligataugliche Anzeigetafel warten?
Daniel: Ein überdachtes Sitzplatzstadion war vor nicht allzulanger Zeit tatsächlich meine Vision, jedoch musste ich ganz klar einsehen, dass wir nicht länger nur ins Stadion investieren können. Unsere ganze Konkurrenz rüstet nämlich dauernd auf, und da kann man sich als relativ kleines Team keinen Stillstand erlauben. Nichts desto trotz soll unser Stadion aber noch auf 40'000 Sitzplätze ausgebaut werden, davon dann sicherlich auch etwa 20'000 Stehplätze.
Man muss aber auch sehen, dass unsere finanziellen Mittel erschöpft sind, denn noch zu Beginn der letzten Saison hatte unser Stadion 15580 Stehplätze! Mittlerweile wurde der Stadionwert also mehr als verdreifacht.

In und um OS wird oft über den Mangel an Topspielern auf dem Transfermarkt geklagt. Auch Racing Oviedo konnte diese Saison noch keinen Mann von europäischem Spitzenniveau verpflichten. Ist der Markt wirklich derart leergefegt?
Daniel: Ich glaube nicht, dass es einen Mangel an Topspielern gibt. Dieser Engpass enstand durch das viele Geld, das im Umlauf war. Das führte dazu, dass Geld nicht mehr soviel Wert war, und dass keiner mehr Spieler verkaufen wollte. Ein weiterer Punkt, der jetzt auf mich zutrifft, ist, dass viele Clubs mittlerweile ihr gewünschtes Team zusammengestellt haben, und dass sie gar nichts mehr austauschen wollen.
Ich würde zum Beispiel auf keinen Fall meinen Torwart abgeben. Er hat Topwerte und ist kaum zu ersetzen. Wir haben also keinen neuen Spieler geholt, weil wir kein Geld hatten und weil wir keinen Spieler eintauschen wollten.

Zur Taktik: Racing agiert in der Liga weitestgehend mit einem 3-5-2-System. Das Mittelfeld besitzt zwei Abfangjäger vor der Abwehr, zwei Absicherungen auf den Außenpositionen und einem zentralen Spieler hinter den Spitzen. Für Oviedo das beste und erfolgversprechendste System oder läßt Dein Spielermaterial keine andere Taktik zu?
Daniel: Eines meiner Lieblingsmottos ist "Never change a winning team", und deshalb sind wir in dieser Saison fast ausnahmslos mit einem 3-5-2 System aufgelaufen. Letzte Saison aber haben wir ein 4-4-2 gespielt, und auch diese Saison könnten wir wieder darauf umsatteln. Ich glaube mit unserem Spielermaterial wäre sehr viel möglich. Mit Bento haben wir einen DMI, der sowohl in der Verteidigung als auch im Mittelfeld stark spielen kann. Mit Konecny und Dubovsky verfügen wir zudem über zwei ganz starke Offensivspieler, welche aber auch als Vorlagengeber agieren können. Und mit Moga haben wir den perfekten Allrounder, der sowohl als "Abfangjäger" (DEC 90) und als Offensivkraft eingesetzt werden kann. Im Sturm siehts natürlich etwas anders aus, da haben wir nur zwei erstligataugliche Spieler. Ich bin aber der Meinung, dass ein 3er- oder 1er-Sturm nichts bringt, und daher verfügen wir auch nur über zwei Hochkarätige Stürmer.

John Elliott ist der Topscorer in Oviedo mit 11 Treffern. Sein Vertrag hat nur noch 16 Monate Laufzeit. Wann wird Racing mit ihm verlängern?
Daniel: Das ist womöglich ein Fehler, den wir damals begangen haben. Wir waren von John's Gehaltswünschen etwas geschockt, und haben ihm damals nur einen (billigen) 2-Jahresvertrag angeboten. Wir werden mit ihm auf jeden Fall verlängern, aber erst etwa in einem Jahr. In diesem Jahr können wir noch vom billigen Altvertrag profitieren, bis wir ihm dann wohl oder übel einen richtig teuren Vertrag anbieten müssen. ;)

Einige Deiner Spieler besitzen Sonderskills. Merkt man diese Fähigkeiten auch im Spiel deutlich, oder hat das im Grunde keine wirklichen Auswirkungen?
Daniel: Ob jetzt ein Spieler einen Sonderskill knapp nicht hat, oder ob er ihn schon hat, das macht eigentlich keinen Unterschied. Aber wenn ein Spieler natürlich als Stürmer einen Schuss von 35 hat, dann wirkt sich das brutal aus.
Ich schaue sehr stark darauf, dass meine Spieler in gewissen Einzelskills sehr gut sind, denn sonst passen sie einfach nicht in mein System. In der Abwehr beispielsweise sind mir Zweikampf und Deckung sehr wichtig, ich denke das sieht man, wenn man Böjte oder Baylukou anschaut.

Dein Team hat eine Kadergröße von 31 Spielern. Manche Erstligisten haben über 40 Spieler im Kader. Achtest Du durch Straffung des Kaders darauf, dass möglichst jeder eine Möglichkeit findet, sich im Training zu verbessern?
Daniel: Ich sehe keinen Sinn darin, 40 Spieler im Kader zu haben. Erstens ist die "Grüppchenbildung" viel grösser, und zweitens werden zuviele Spieler vernachlässigt, so dass mit der Zeit eine schlechte Stimmung im Kader entsteht.
Mit unserer Lösung von 31 Spielern denke ich, habe ich die Idealgrösse erreicht. Es kommt jeder zum Einsatz in den Spielen und auch jeder kann ordentlich trainiert werden. Einzig meinen DMI Bento trainiere ich nicht, da er zu geringe Chancen hat. Er ist aber so etwas wie ein Co-Trainer geworden, der den jungen Spielern Tipps gibt und ihnen zur Seite steht.

Racing Barcelona ist das vielleicht erfolgreichste Team Spaniens. Geht auch diese Saison der Titel nur über Barcelona?
Daniel: Ich glaube das hängt sehr stark vom internationalen Erfolg ab. Ich rechne damit, dass Barca dort noch lange dabei sein wird, und dass sich Sevilla und Madrid somit in der Liga absetzen werden. Wenn es blöd geht, dann geht Barca diese Saison ohne Titel aus. Ich denke, es wird maximal ein Titel für sie rausspringen.

Wie schätzt Du die spanische Liga im Vergleich zu anderen Topligen Europas ein?
Daniel: Hmm das ist eine schwierige Frage. Momentan sind wir ja noch auf Rang 2 in der Länderrangliste. Durch das absolut unverständliche Verhalten von Bilbao ist dieser hervorragende Rang nun leider in Gefahr. Die Italiener werden uns wohl diese, hoffentlich erst nächste, Saison wieder überholen. Ich denke aber der 3. Rang wäre OK für uns, denn man muss einsehen, dass die Engländer und die Italiener die besseren Teams haben. Auch Deutschland ist nicht zu unterschätzen, aber ich glaube wir sind ihnen ebenbürtig.

Als letzte Frage kommt: Du bist als Manager ablösefrei. Schon mal mit dem Gedanken gespielt, Dich für einen europäischen Topclub zu bewerben und sicher OSC zu spielen?
Daniel: Ja das habe ich schon oft. Manchmal fehlen mir einfach die Perspektiven bei Oviedo. Mit einem Marktwert von 170 Mio und einem kleinen Stadion stehen wir nicht wirklich gut da. Die grossen Teams werden zudem immer grösser, und da wird es über kurz oder lang ganz schwer für uns. Aber ganz ohne zu zögern werde ich Oviedo niemals verlassen, denn der Club ist mir mittlerweile schon sehr ans Herz gewachsen.

Vielen Dank für das Gespräch!
Kein Problem, danke für den Kaffee und die Kekse. ;))